Endlich ist ein bisschen Ruhe eingekehrt, Weihnachten und Neujahr sind vorbei. Diese Zeit möchte ich nutzen, um über die Reise nach Kakamega zu informieren.
Dieses Jahr hatten wir zwei Begleiter, Herrn Franz Bils aus Bessenbach und Herrn Oliver Prelle aus Grevenbroich. Beiden sagen wir ganz herzlich „DANKESCHÖN“.
Beim Anflug auf Nairobi sahen wir ein Lichtermeer, Nairobi schläft nie, aber der Verkehr ist um diese Zeit fast eingeschlafen. Wir wurden von einem kleinen Bus abgeholt und zu unserer Unterkunft gebracht – Kolping-Center. Ich hatte einen privaten Fahrer – meinen ältesten kenianischen Sohn Godfrey. Bernadine hatte wie immer alles prima organisiert.
Mittwochs fuhren Bernadine, Herr Bils und ich nach Kakamega, wir wurden schon von Bischof Julius zum Abendessen erwartet. Auch Mama Paulina und viele Nachbarn von Bischof Julius haben uns begrüßt. Mama Paulina arbeitet seit 2010 im Waisenhaus und ist ein wichtiger Ansprechpartner.
Müde, satt und mit einem unglaublichen Glücksgefühl im Bauch fuhren wir in unsere Unterkunft, dort wartete Bernadines Familie und wir unterhielten uns bis spät in die Nacht.
In Kenia steht man früh auf. Kaum ist die Türe des Hauses geöffnet, kommen die ersten Besucher: Kinder aus der Nachbarschaft, Gilly und Austin. Die beiden sind jeden Tag zu Besuch und werden von uns verwöhnt, Frühstück und Abendessen und zwischendurch Obst, Saft, Wasser oder Tee und neue T-Shirts und Hosen.
Dann gleich ins Waisenhaus, wo wir schon erwartet werden. Die Kinder stehen am Eingang mit grünen Zweigen in den Händen und singen ein Willkommenslied für uns. Und alle strahlen um die Wette. Danach werden wir alle per Handschlag von den Kleinen begrüßt, die größeren Kinder sind noch in der Schule, die in den nächsten Tagen schließt.
Auf meinem Rundgang durch die Räume fühle ich an jeder Hand mindestens 3 kleine Kinderhände. Auch den Frauen, die im Waisenhaus arbeiten und für Kochen, Waschen und Putzen zuständig sind, gilt unsere Aufmerksamkeit. Rose ist nicht mehr da, sie hat geheiratet und ist mit ihrem Mann in eine andere Stadt gezogen. Milicent ist ebenfalls nicht mehr da, dafür lerne ich 3 neue Frauen kennen: Selestine, Fannis und Zaidah. Mit diesen 3 Ladies habe ich noch viel Spaß.
Wir besichtigen das neue Haus mit den 2 Schlafräumen, Duschen und Toiletten – leer. Das wird sich sehr bald ändern. Im Vorratsraum erwartet uns – nichts! Also auf zum Einkaufen. Alles wird gebraucht: Gemüse, Reis, Bohnen, Salz, Zucker, Tee, Eier, Tomaten, Zwiebeln, Kartoffeln und Obst. Wir fahren sofort in den „Mama-Watoto-Supermarket“ und schnappen uns einen Einkaufswagen und los geht’s. Auf dem Rückweg stoppen wir auf Wunsch von Franz beim Gemüsemarkt. Franz möchte Bananen kaufen für die Kinder. Der Bananenstand freut sich: 60 Bananen und das ohne viel zu handeln. Und am Nachbarstand gleich noch Tomaten, Zwiebeln, Kohl und Kartoffel. Dann noch schnell in den „Nakumat“. Dort kaufen wir größere Mengen an Lebensmitteln und 2 neue Putzeimer, Putzlumpen, Schrubber, Bürsten, Schwämme und ganz viel „Mister Muscle“. Und einen großen Sack Waschpulver.
Zurück ins Waisenhaus und alles ausladen. Mama Paulina hatte in der Zwischenzeit Fleisch gekauft und aus dem Küchenhaus kommen schon die Rauchschwaden.
Selestine und Zaidah sind überglücklich über die Wasch- und Putzsachen. Eine Woche später kaufe ich die gleiche Menge Putzmittel noch einmal für die beiden Damen. Die Wände im Waisenhaus sind mit abwaschbarer Farbe gestrichen und bei über 50 Kindern, die täglich zigmal rein- und herausrennen und natürlich auch die Wände anfassen, kann man auf einer gewissen Höhe die Farbe nur noch schwer erahnen. Doch am nächsten Tag ist alles blitzeblank und wir loben die „Putzteufel“ sehr.
Der nächste Tag: Besuch beim katholischen Bischof Philip Sulemeti und Father Bede.
Bernadine kennt in Kakamega viele Menschen und so auch die Dame an der Anmeldung. Nach kurzer Zeit dürfen wir ins Büro zum Bischof. Wir sind gern gesehene Gäste aus Deutschland, Bischof Sulemeti kennt Deutschland aus seiner Studienzeit. Er hat Freunde in einem kleinen Dorf bei Aschaffenburg, kennt unsere Gegend und er spricht auch die deutsche Sprache. Aber wir unterhalten uns auf Englisch, nur manchmal lässt er ein deutsches Wort einfließen.
Wir haben ein Anliegen und er lässt gleich Father Bede dazu rufen. Bischof Sulemeti und Father Bede haben für uns immer ein offenes Ohr und sind sehr hilfsbereit.
Das Büro der katholischen Kirche ist mitten in Kakamega, neben der Kathedrale. Das hört sich jetzt nach einem Prachtbau an, aber die Kathedrale ist ein sehr offener Steinbau ohne Glasfenster und ohne Goldornamente. Der Wind kann also durch blasen, das ist bei 35 Grad und mehr bestimmt sehr angenehm. Ein Priester lädt uns zum Tee ein und danach besuchen wir den Buchladen und treffen dort Bekannte von Bernadine.
Auf dem Rückweg Großeinkauf für unsere Unterkunft. Wer auch immer von uns in der Stadt ist bringt Toastbrot, Wasser, Obst und Gemüse mit, und natürlich gibt es sehr oft Fisch vom Viktoriasee. Wir sind 4 in unserem Haus, aber abends sitzen immer mindestens 10 Personen am Tisch und ich bin froh, dass Jaqueline da ist. Bernadine und sie kochen, ich darf höchstens mal Zwiebel oder Tomaten klein schneiden. Und dann der Abwasch – bin ich froh über meine Spülmaschine zu Hause.
Bernadine organisiert sehr viele Angelegenheiten mit den Schülern und Studenten, den ganzen Tag geht das Telefon und sie flitzt hierhin und dorthin. Die Schüler bringen ihre Zeugnisse und Informationen über das kommende Schuljahr. Die Schulgebühren müssen im Voraus gezahlt werden. So viel Bargeld kann man nicht einstecken. Unsere Kassenwartin Mathilde schickt uns Geld, also wieder rein nach Kakamega.
Jetzt ist auch Godfrey aus Nairobi angereist, er leiht sich von einem Freund ein Auto und wir haben einen Fahrer. Godfrey fährt ausgezeichnet und kennt sich in Kakamega bestens aus.
Und dann werden die neuen Betten für den Neubau im Waisenhaus angeliefert. 12 Etagenbetten wurden von Frankline gebaut mithilfe seiner früheren Kollegen. Und der Chef der Schreinerschule hatte die Räumlichkeiten und Maschinen zur Verfügung gestellt und den Transport organisiert. Wir mussten nur das Material bezahlen. Die Betten werden vor Ort noch eingeölt und in die Schlafräume gebracht.
2 Tage später kommen die neuen Matratzen, Bettlaken und Decken. Zähe Verhandlungen gingen da voraus. Wir hatten im Supermarkt schon mal die Preise angeschaut. Viel zu teuer, also auf den Markt. Dort hatten wir vor 2 Jahren schon mal Matratzen gekauft. Auf dem Weg dorthin bei diversen Geschäften schon mal gehandelt, aber alles zu teuer.
In „unserem“ Shop beginnen die Verhandlungen, dazwischen kommen andere Kunden, die bedient werden. Es ist über 30 Grad und nach 1 Stunde fange ich an zu drängeln. Endlich gibt es ein für uns gutes Ergebnis, Bernadines Verhandlungsgeschick ist einfach super. Jetzt geht es von vorne los – was kosten die Laken und was die Decken? Wir waren bestimmt 3 Stunden im Geschäft und die Chefin des Ladens muss sämtliche Kollegen anrufen, um die bestellten Matratzen liefern zu können. Aber es ist für sie bestimmt auch ein sehr guter Tag. Wann verkauft man denn schon mal 36 Matratzen und Decken und und und?
Der nächste Tag: ich fahre mit Franz, Jaqueline und Frankline zum Materialeinkauf für die Wasserleitung. Bernadine hat andere Verabredungen, sonst schaffen wir unser Pensum nicht.
Materialeinkauf für eine Wasserleitung, wer kennt da schon die englischen Begriffe? Ich jedenfalls nicht. Manchmal bin ich versucht, meinen Mann anzurufen, er spricht perfekt Englisch, ist Handwerker, ist aber nicht dabei in Kenia. In Kakamega gibt es keinen Toom-Markt, BayWa oder Bauhaus. Dort geht man in ein Geschäft, steht vor einem Tresen und sagt, was man möchte,wenn man kann. Wir standen bald hinter dem Tresen, Franz und ich. Gott sei Dank kann Franz gut zeichnen. Mit Händen und Füßen, viel Lachen und den Zeichnungen von Franz waren wir nach ca. 3 Stunden mit unseren Bestellungen durch. Der Schraubstock wurde in Mombasa bestellt, da nur die große Ausführung vor Ort war und die war uns einfach zu teuer.
Am nächsten Vormittag ist der Schraubstock mit dem Bus angekommen. Franz kann es nicht fassen, so viele Kilometer und das mit dem Bus. Jetzt brauchen wir noch eine Verlängerungsschnur, also ab ins nächste Geschäft. Dort empfängt mich eine Elektrikerin. Das Kabel wird zusätzlich angefertigt und wieder muss ich erklären, wofür ich das brauche wegen der Stärke des Kabels. Schwierig. Trotzdem klappt es.
Eric reparierte inzwischen die Solaranlage des Waisenhauses und legt Stromleitungen in alle Zimmer. Er hat zwei fleißige Helfer dabei. Als wir zurück nach Nairobi fuhren, hatte jedes Zimmer, die Duschen und Toiletten Licht. Für uns hier alles selbstverständlich, aber nicht in Kenia.
Endlich eine Wasserleitung für das Waisenhaus: Frankline und John haben vor unserem Besuch beim Wasseramt angemeldet, dass wir eine Wasserleitung legen wollten. Ein paar junge Männer sind auch organisiert, die die Erde aufbuddeln. Es muss nicht tief sein, in Kakamega gibt es keinen Nachtfrost. Die Wasserleitung liegt in einem Tag und der Mann vom Wasseramt baut einen Zähler ein. Jetzt geht niemand mehr zum Fluss und holt Wasser. Das Wasser aus den Regentanks kann zum Wäschewaschen genommen werden. Niemand bekommt im Waisenhaus Typhus oder Cholera.
Franz zeigt John und zwei jungen Männern, wie die Bohrmaschine funktioniert und bohrt die ersten Löcher für die Wasserleitung. Und er erklärt in deutscher Sprache, wie man die Rohre verlegt. Und die Verständigung klappt irgendwie. Die Männer fragen auf Suaheli, Franz antwortet in Deutsch. Nach zwei Tagen heißt es: Wasser marsch. Wir sind begeistert und die Kinder ebenso.
Jetzt ist auch Oliver angekommen, er fuhr mit dem Motorrad von Nairobi nach Kakamega. Unterwegs übernachtete er in Nakuru bei Ruth und mit Hilfe von Henry, unserem Fahrer, fand er auch den Weg aus Nakuru wieder heraus Richtung Kisumu und dann nach Kakamega. Oliver spendete vor 3 Jahren eine Wasserpumpe, die möchte er sehr gern in Aktion sehen. Vor Ort füllt er eine Flasche Wasser ab, die mit nach Deutschland zurückfliegt. Dann macht er sich für einige Tage auf und erkundet die nähere Umgebung. Oliver ist begeistert von der Landschaft und den Menschen.
Und dann ist der Tag da, an dem er sein Motorrad dem Waisenhaus bzw. unserem Verein übereignet. Vor den Waisenkindern steht das Motorrad und Oliver übergibt Bernadine den Schlüssel. Wir fotografieren wie wild. Mit dem Motorrad kann schnell ein krankes Kind in das nächste Krankenhaus gefahren werden, schneller als mit dem Auto bei den tiefen Löchern in der Straße. Oder Lebensmittel transportiert werden. Das ist schon ein großer Fortschritt.
Als Nächstes kommen Ferdinand von der Slow Food Organisation und Oscar: Sie legen auf dem Waisenhausgelände einen Garten an. Das Gelände hatten sie schon vorher besichtigt und vermessen und einen Plan gezeichnet. Ruck zuck, ist umgegraben und es stehen kleine Kisten mit Pflänzchen bereit. Die Kinder staunen.
Am zweiten Tag sind wir alle nachmittags versammelt und Bernadine pflanzt ein Avocadobäumchen mit Segenswünschen. Dann darf ich ein Bäumchen pflanzen. Süße Bananen und Kochbananen, Süßkartoffel, irische Kartoffel, Kohl, Sukumawiki und viele andere einheimische Gemüsesorten finden ihren Platz. Ferdinand informiert alle, dass die ersten Gemüsesorten in zwei Monaten geerntet werden können. Unglaublich, ich bin sehr gespannt auf meinen Besuch im November 2014.
Als die Schule geschlossen ist, bringen wir die mitgebrachte Kleidung ins Waisenhaus. Auch Franz und Oliver haben Kleidung für uns transportiert. Im Waisenhaus wird der große Tisch ins Freie getragen und dann packen wir aus und sortieren. Die Kinder sind kaum zu bändigen. Jedes Kind bekommt T-Shirts, Hosen, Röcke oder Kleider. Auch Sandalen haben wir dabei, zu wenige. Sandalen kommen gleich auf die Einkaufsliste und Jacinta sagt mir auch, wo wir einkaufen können und dass es dort günstiger ist als im Supermarkt.
Einige Waisenkinder haben Paten und wir übergeben kleine Geschenke, Briefe und Bilder. Jasmy liest den kleineren Kindern die Briefe vor und schreibt auch kleine Dankesbriefe zurück.
Jasmy bekommt auch einen Brief, Foto der Paten und ein Buch. Sie sitzt auf ihrem Bett und liest den Brief und sie strahlt. Sie ist das älteste Mädchen, 16 Jahre und immer hilfsbereit und sehr fleißig. Immer sieht man sie helfen beim Wäschewaschen, die Kinder duschen, beim Kochen helfen. Jasmy hat die Primary School beendet und wartet auf die Noten. Die Noten entscheiden, auf welche Secondary School sie dann gehen kann oder ob sie eventuell ein Stipendium bekommt.
Ein Besuch im Kakamega-Forest sollte jeder machen, der in die Gegend kommt. Das bedeutet sehr früh aufstehen, um den Sonnenaufgang auf einem Hügel zu genießen. So eine Tour geht nur mit einem Guide. Franz, Oliver, Frankline und Jaqueline haben Glück und können einen deutsch sprechenden Guide buchen. Die vier kommen erst nachmittags zurück und Franz hat sehr viele wunderbare Fotos mitgebracht.
Natürlich wird nicht nur gearbeitet, abends fahren wir auch mal in ein Restaurant und lassen uns dort verwöhnen. Manchmal haben wir Glück und es gibt sogar Livemusik.
Für mich sind die Abende in unserem Haus aber eigentlich die schönsten. Die Nachbarkinder sind da und wir albern mit ihnen herum. Bernadine’s Mama unterhält sich mit einer der Nachbarinnen, Jaqueline und Jacinta köcheln, Freunde kommen zu Besuch und bringen als Gastgeschenk ein Huhn mit. 4 neue Hühner hat Frankline jetzt in seinem Hühnerstall. Ich habe Zeit und kann mich mit meinen Patensöhnen unterhalten und erfahren, was sie alles erlebt haben im vergangenen Jahr und was sie planen.
Ich könnte noch viel mehr schreiben. Von der Herzlichkeit und Offenheit der Menschen. „Wie lange bleibst Du und wann kommst Du wieder“ werde ich gefragt. 3 Wochen sind viel zu kurz, ein paar Tage sind wir ja auch immer in Nairobi, um Kunsthandwerk einzukaufen. Auch dort haben wir Freunde, die wir treffen und uns zum Essen einladen. Flora besuchte uns mit allen Kindern in unserer Unterkunft. Wir wohnten bei meinem ersten Besuch in Nairobi bei Floras Familie und ich erkenne immer noch alle: Alan, Anita, Agatha, Alexia, Andrew, Angela und Alfons. Es ist ein fröhliches Wiedersehen, ich bekomme ein paar neue Ohrringe und eine selbst gebastelte Weihnachtskarte.
An unserem letzten Tag in Kakamega sind meine Patensöhne wie jeden Tag schon zum Frühstück da. Die letzten Sachen schnell noch in eine Tasche oder Koffer, noch ein paar Fotos mit den drei jungen Männern und die Tränen weggedrückt. Die Nachbarkinder Gilly und Austin sind gekommen, John, Maurice und seine beiden Söhne sehen ganz traurig aus und verabschieden sich auf Deutsch von mir. Sie haben jeden Tag ein paar Wörter gelernt und wir werden den Unterricht beim nächsten Besuch fort führen.
Bernadines Mama betet und segnet das Auto, das uns nach Nairobi bringt. Meine Jungs und ich drücken uns ganz fest und dann fließen doch die Tränen. Ich freue mich auf mein Zuhause und wäre doch so gern geblieben.