Wie schnell doch so ein Jahr vergeht! Unsere kleine Reisegruppe, bestehend aus Bernardine, Sybilla, Barbara, Marga, Erika und mir, trifft sich in der riesigen Abflughalle des Frankfurter Flughafens. Wir alle sind sehr gespannt, was uns auf der gemeinsamen Reise so erwarten wird. Nach problemlosem Check-In, das Feststellen des Koffergewichts ist immer ein spannender Moment, besteigen wir auch schon recht bald unseren Flieger nach Nairobi. Unser Flug verläuft sehr entspannt und nachdem etwa der Hälfte der Strecke geschafft ist, geht es auch schon ans Ausfüllen der notwendigen Einreise-Dokumente. Die Zeit vergeht „wie im Flug“ und nach ca. 7,5 Stunden landen wir auch schon in Kenias Hauptstadt. Nachdem wir unsere Visa erhalten haben, folgt der obligatorische Marsch durch die kenianische Zollabfertigung. Hier müssen wir zwar zwei Koffer öffnen, aber die nette diensthabende Dame vom Zoll lässt uns dann doch nach einer kurzen Diskussion um den Inhalt unseres Gepäcks und dem Vorzeigen unseres „Mission Letters“ unbehelligt passieren. Vor dem Flughafen werden wir schon von Collins und Ben erwartet und ganz herzlich begrüßt. Nachdem alles Gepäck in den beiden Fahrzeugen verstaut ist, versuchen Bernardine und ich noch im nahegelegenen Cargo-Center an unsere zusätzlichen Koffer, die wir im Voraus mit Unterstützung von Immo Walter, der für LH arbeitet, bereits verschickt hatten, zu kommen. Das gestaltet sich aber nicht ganz so einfach und wir werden auf den folgenden Tag vertröstet.
Als wir schließlich gegen Mitternacht an unserer Unterkunft im Kolping-Center Langata ankommen, sind wir alle ziemlich erschöpft, werden aber noch mit einem leckeren Midnight Dinner verwöhnt. Danach wird noch kurz der folgende Tag geplant und dann geht’s endlich ab ins Bett.
06.11.2017
Da heute zweierlei wichtige Aufgaben zu erledigen sind, teilen wir unsere Gruppe auf. Sybilla, Barbara, Erika und Marga machen sich in Begleitung von Ben auf in die Innenstadt von Nairobi, um in Läden und auf Handwerkermärkten die in Deutschland sehr beliebten kenianischen Mitbringsel zu besorgen, die wir auf verschiedenen Veranstaltungen immer zum Verkauf anbieten. Auf ihrer Tour bleibt auch noch genügend Zeit, um einen kurzen Abstecher ins Elefanten-Waisenhaus etwas außerhalb von Nairobi zu unternehmen. Bernardine und ich sind schon etwas früher zusammen mit Collins unterwegs zum African Freight Center, um an unsere vorausgeschickten Koffer zu gelangen. Hier beginnt nun für uns eine lange Odyssee durch den Verwaltungs- und Behördendschungel des kenianischen Imports. Es handelt sich zwar nur um „Sachspenden ohne hohen materiellen Restwert“, gebrauchte Kinderkleidung eben, aber wir hätten nicht im Traum daran gedacht, dass wir fast 8 Stunden brauchen würden, um besagte Gepäckstücke wieder in Empfang nehmen zu können. Mit unvorhergesehenen Kosten für den erforderlichen „Vermittlungs-Agenten“, die Lagerung, das Handling sowie den Zoll hatten wir nicht wirklich gerechnet. Aber gut, so ist das eben hier in Kenia! Am frühen Abend, zurück in unserer Unterkunft, stoßen dann auch Lothar und Franz, die mit einer anderen Fluglinie angereist sind, noch zu uns und vervollständigen unser diesjähriges Team. Beim gemeinsamen Abendessen leisten uns Flora, eine frühere Klassenkameradin von Bernardine, und Sadig Gesellschaft. Sadig ist gerade dabei, seine eigene kleine Tauchschule im Mombasa aufzubauen und erhält durch seine Pateneltern tatkräftige Unterstützung u. a. in Form von Ausrüstungsgegenständen. Wir sitzen gemütlich beisammen und tauschen uns über das Erlebte des zurückliegenden Tages aus. Ein kühles Tusker darf dabei natürlich nicht fehlen. Spät wird es am heutigen Abend aber nicht, denn wir möchten am nächsten Tag recht früh aufbrechen, um vor Einbruch der Dunkelheit in Kakamega anzukommen.
07.11.2017
Kurz nach 7:00 Uhr brechen wir auf in Richtung Kakamega. Wir fahren mit dem gleichen geräumigen Van wie letztes Jahr und auch der Fahrer ist uns bestens bekannt. Ben und Collins begleiten uns bei regnerischem Wetter auf der nächsten „Etappe“ unserer Reise. Das schlechte Wetter hält leider während der ganzen Fahrt an und so können wir die sich eigentlich auf unserer Route bietenden wunderschönen landschaftlichen Ausblicke wegen tiefhängender Wolken und meist beschlagenen Scheiben nicht wirklich genießen. Wir kommen trotzdem gut voran, aber kurz hinter Naivasha fährt uns ein nachfolgender Bus im dichten Verkehr aufs Heck. Dabei wird zu allem Übel durch den nach vorne stehenden Rückspiegel des Busses unsere Heckscheibe zertrümmert. Ansonsten ist niemandem etwas passiert. Die beiden Fahrer einigen sich nach längerer Diskussion, wie der Schaden reguliert werden soll, und das ganz ohne Polizei. Lothar, Franz und ich kümmern uns in der Zwischenzeit um einen „Ersatz“ für unsere Heckscheibe, da ein Fahrzeugwechsel viel Zeit in Anspruch nehmen und zusätzliche Kosten verursachen würde. Zum Glück hat unser Van eine große Abdeckplane für Dachgepäck an Bord, die wir mit unseren mitgebrachten Kabelbindern und einem Seil „fachgerecht“ am Dachträger und der Stoßstange befestigen. Es gelingt uns, eine recht stabile und dichte Konstruktion zu realisieren, sodass wir nach etwas mehr als einer Stunde unsere Fahrt fortsetzen können. Unser Provisorium bewährt sich recht gut, der Fahrzeuginnenraum bleibt trocken und windgeschützt.
Von den politischen Unruhen im Land wegen der Präsidentschaftswahlen bekommen wir während der gesamten Fahrt nichts mit. Selbst in Kisumu, der Hochburg des kenianischen Oppositionsführers, ist die Lage sehr ruhig. Unsere kenianischen Begleiter, samt Fahrer übrigens Angehörige von drei verschiedenen Stämmen, haben vorher entsprechende Informationen über unsere Reiseroute eingeholt und so zusätzlich eine sichere Fahrt gewährleistet.
Nach ca. 10 Stunden erreichen wir dann endlich wohlbehalten unsere Unterkunft in Kakamega, werden im Convent der Sisters of Mary sehr herzlich empfangen und treffen liebe Bekannte wieder. Der Convent steht seit einiger Zeit unter der Leitung von Sister Genevieve. Sister Magdalena wurde in einen anderen Convent versetzt. Später bekommen wir noch ein leckeres Abendessen serviert, besprechen kurz den morgigen Tagesablauf und gehen ziemlich erschöpft zeitig zu Bett.
08.11.2017
Gleich nach dem Frühstück holt uns Joseph, unser Fahrer für die nächsten zwei Wochen, ab und wir fahren Richtung Waisenhaus. Die Straßenverhältnisse auf der ursprünglichen Strecke zum Waisenhaus haben sich nicht verbessert, sodass wir auf der kurzen Strecke ordentlich durchgeschüttelt werden. Mittlerweile gibt es auch eine gut ausgebaute zweite Strecke, die von der anderen Seite her zum Waisenhaus führt und auf der lediglich die letzten ca. dreihundert Meter noch ähnlich einer Schotterpiste sind. Diese Strecke nutzen wir dann während unseres Aufenthalts natürlich so oft wie möglich.
Am Waisenhaus angekommen, gehen wir die letzten Meter zu Fuß und können bereits von weitem unser ganz persönliches Begrüßungslied hören. Scheinbar hat jemand „Schmiere gestanden“ und uns angekündigt. Als sich dann das große Tor öffnet, werden wir alle ganz herzlich mit einer Rose begrüßt, unzählige Male umarmt und müssen viele, viele Hände schütteln. Die Kinder sind sehr froh, dass wir nun endlich angekommen sind und auch wir freuen uns auf spannende und ereignisreiche Tage. Recht bald nach der Begrüßung machen wir dann auch schon eine erste kleine Bestandsaufnahme, was es in den nächsten beiden Wochen zu erledigen gilt. Diana, eine sehr engagierte junge Frau, die ihr Studium abgeschlossen und seit einem halben Jahr ein Praktikum in unserem Waisenhaus absolviert, unterstützt uns dabei. Unser Hauptaugenmerk liegt in diesem Jahr auf den sanitären Anlagen, die wir z. T. erneuern und auch ausbauen möchten. Es soll ein entsprechender Neubau mit drei Toiletten und drei Duschen realisiert werden. Hier machen wir uns erste Gedanken über den Standort und die Organisation der Bauarbeiten. Lothar und Franz erstellen bereits erste Pläne. Auch die Wasserver- und entsorgung ist immer ein Thema. Hier leistet PAUL, die im letzten Jahr mitgebrachte Wasserreinigungsanlage, nach wie vor gute Arbeit. Der Rauchabzug bzw. Ofen der neuen Küche muss verbessert und verschiedene kleinere Dinge wieder in Stand gesetzt werden. Es gibt also reichlich zu tun. Am Nachmittag gehen wir dann gemeinsam zum Bildungshaus, um dort ebenfalls nach dem Rechten zu sehen. Die vor einem Jahr installierte und aufgebaute Technik ist in sehr gutem Zustand. In der Schreinerwerkstatt und der Nähstube wird fleißig gearbeitet. Die Elektro- und PC-Ausbildung findet einmal wöchentlich, meist samstags statt. Die Investitionen in das Bildungshaus tragen also bereits Früchte. Wie immer vergeht die Zeit wie im Flug und bevor es dunkel wird machen wir uns auf den Weg zurück in die Unterkunft.
09.11.2017
Heute beginnen wir den Tag mit einer Frühmesse in der kleinen Kapelle des Convents. Nach dem Frühstück steht wie gewohnt unser Klein-Bus vor dem Haus, der uns zunächst in die Innenstadt bringt. Hier treffe ich mich mit Lothar und Franz, die ihr Quartier mittlerweile, wie bei ihrem ersten Besuch in Kakamega vor zwei Jahren, bei Bishop Stam haben. Wir besorgen beim indischen Händler etliche Dinge, die wir für die ersten Reparaturen an den sanitären Anlagen des Hauptgebäudes benötigen. Auch ein Werkzeug zum Gewindeschneiden können wir uns gegen eine entsprechend Gebühr ausleihen. Wir versprechen, dieses um 17:00 Uhr zurückzubringen und man hat vollstes Vertrauen in die „Mzungus“, dass das auch klappt. Später leihen wir dieses Werkzeug noch sehr oft aus. Mit einem Tuc Tuc fahren wir schließlich zurück zum Waisenhaus und beginnen mit den ersten Arbeiten, stets unterstützt durch John (der Mann mit der Baufirma) und sein Team.
Bernardine, Sybilla, Barbara, Erika und Marga haben sich während unserer Abwesenheit bereits um die ersten vorausgeschickten Pakete gekümmert und auch mit den Kindern gespielt. Schminken, Sing- und Tanzspiele sorgen hier für leuchtende Kinderaugen und ganz viel Spaß.
Zwischendurch macht die kenianische Regenzeit mit kurzen aber heftigen Schauern ihrem Namen alle Ehre. Bernardine regelt wie immer im Hintergrund viele wichtige organisatorische Dinge. So kommt am späten Nachmittag eine große Lieferung Mais, die bei strömenden Regen rasch durch etliche helfende Hände im Lagerraum verstaut wird. Schließlich neigt sich auch dieser anstrengende aber auch erlebnisreiche Tag seinem Ende. Abends im Convent gibt es das gewohnt leckere Essen, Chetan unser stets zuverlässiger und hilfsbereiter „Haus- und Hoflieferant“ kommt noch auf ein kühles Tusker vorbei und die allabendliche Besprechung der Aufgaben für den nächsten Tag fehlt natürlich auch nicht.
10.11.2017
Den heutigen Tag verbringen Franz, Lothar und ich überwiegend mit Planungs- und Vermessungsarbeiten sowie organisatorischen Dingen rund um den Neubau.
Marga und Erika beschäftigen sich wieder ausgiebig mit den Kindern und bringen so viel Abwechslung in deren Alltag. Sie vertreiben den Kindern mit verschiedenen Spielen, dem Singen von Liedern und natürlich wieder mit einem Schminktisch die Zeit. Es sind oft die einfachen Dinge, die den Kindern am meisten Spaß bereiten und die beiden widmen sich ihrer Aufgabe mit großer Begeisterung.
Sybilla erkundigt sich bei den älteren Mädchen in einer reinen „Damenrunde“, was diesen so alles auf dem Herzen liegt. Aber auch für die jüngeren Kinder hat sie zwischendurch stets ein offenes Ohr und erfährt so viel über deren Alltagssorgen. Solche persönlichen Gespräche sind überaus wichtig, um mehr über die Bedürfnisse und die jeweilige Situation eines jeden einzelnen Kindes zu erfahren.
Barbara ist die meiste Zeit in ihrer „Kleiderkammer“ und sortiert fleißig Kleidungsstücke nach Größe und Geschlecht. Das macht sehr viel Arbeit, die sie aber gerne und mit viel Freude erledigt. Ab und An kommt sie dann auch mal auf den Hof, um ein wenig afrikanischer Sonne zu tanken.
Auch für unser diesjähriges „Großprojekt“, das neu zu bauenden Dusch- und Toilettengebäude, werden im Lauf des Tages schon die ersten Vorarbeiten geleistet. Lothar kümmert sich um die Leerung der bereits vorhandenen Grube und zeichnet später detaillierte Pläne für den Neubau. Franz macht sich entsprechend Gedanken um die spätere Wasserversorgung und -entsorgung. Ich assistiere hier und da ein bisschen und sorge mit mehreren fleißigen Helfern dafür, dass das Oberflächenwasser nicht mehr in die geleerte Grube fließen kann und diese unnötig füllt. Das gelingt uns mit Hilfe eines provisorischen Grabens entlang des Gemüsegartens. Später helfe ich noch Brian und Dennis dabei, Drahtgeflechte an die beiden Türen des Hasenhauses anzubringen. Diese können nun tagsüber stets offenbleiben, sodass es im Hasenhaus nicht mehr so extrem heiß wird und stets Frischluft hineinströmen kann. Den Hasen gefällt‘s, sie genießen gleich ihre neue Aussicht. Die Idee zu dieser Verbesserung hatte übrigens Erika, der das Wohl der Hasenfamilie sehr am Herzen liegt. Nun, die Zeit vergeht auch heute wieder rasend schnell und nachdem Bernardine vom letzten ihrer heutigen organisatorischen „Ausflüge“ zurückkehrt, trommelt sie ihr Team zusammen und es geht zurück in die Unterkunft.
Franz und Lother bleiben auch heute wieder etwas länger am Waisenhaus als der Rest der Gruppe. Lothar sitzt noch in seinem „Büro“ und zeichnet fleißig Pläne, Franz hilft tatkräftig in Johns Team bei der Verlegung der Abwasserrohre mit.
Erwähnenswert finde ich noch den leckeren Viktoria-Barsch, frisch aus dem nahege-legenen Viktoriasee bei Kisumu gefangen, den wir zum Abendessen serviert bekommen. Ein Extra-Lob an das Küchenteam um Millicent und ihre Helfer!
11.11.2017
Der heutige Tag gestaltet sich ähnlich wie der gestrige. An der Grube werden noch letzte Arbeiten durchgeführt, so dass diese nun wieder voll funktionstüchtig ist. Weitere Leitungen für das Abwasser aus dem Haupthaus werden verlegt, allerdings geht uns hier gegen Mittag das Material aus und es müssen erst wieder neue Rohre besorgt werden. Ein altes, nicht mehr in Betrieb befindliches Toilettenhaus wird von Johns Leuten abgerissen und der Bauschutt entsorgt. Wegen des Neubaus werden noch letzte Details besprochen und schließlich das erforderliche Baumaterial geordert. Außerdem widmen wir uns im Lauf des Tages noch dem Rauchabzug in der neuen Küche, der leider noch nie richtig funktioniert hat und das Arbeiten darin doch erheblich erschwert. Wir sind uns einig, dass der vorhandene Ofen unbedingt umgebaut und auch die Zwischendecke des Raums entfernt werden muss.
Marga und Erika sind wie gewohnt ganz für die Kinder da und unterhalten sie mit Vorlesen, Ausmalen und vielerlei Anderem.
Bernardine, Barbara und Sybilla fahren nachmittags mit einigen Kindern in die Innenstadt, um noch Kleidungsstücke und Schuhe zu kaufen, die benötigt werden, aber nicht in unserem mitgebrachten Sortiment waren.
12.11.2017
Es ist Sonntag und wir besuchen am Morgen den Gottesdienst in der St. Joseph Church, der so ganz anders gestaltet wird, wie wir das aus Deutschland gewohnt sind. Die Messe ist sehr feierlich und stimmungsvoll mit viel Gesang und Tanz. In deren Verlauf werden auch verschiedene Gaben zum Altar gebracht und hier dürfen wir uns mit einigen mitgebrachten Lebensmitteln in die lange Schlange der Überbringer einreihen.
Zum Mittagessen sind wir bei Chetan zu Hause eingeladen. Er und seine Frau bereiten uns ein vorzügliches indisches Mehrgänge-Menü, bei dem das Leibgericht von Chetan „Egg-Curry“ natürlich nicht fehlen darf. Dazu trinken wir Tusker und Rotwein.
Am späten Nachmittag machen wir noch einen kurzen Abstecher zur Familie unserer Convent-Leiterin Sister Genevieve. Ihr Zuhause liegt sehr schön etwas außerhalb der Stadt und wir verbringen dort zwei wunderschöne Stunden bei Tee und leckerem Gebäck. Als kleines Dankeschön für unseren Besuch bekommen wir dann noch zwei lebendige Hühner mit auf den Weg!
Den Abend verbringt unsere Gruppe dann ganz entspannt im Convent. Ich folge gerne einer Einladung von Chetan, mir noch ein wenig die Stadt zu zeigen und auch bei ihm zu übernachten. Sehenswert sind in der Innenstadt besonders der Golfplatz mit angeschlossenem Park und das Golfhotel. Hier verweilen wir dann etwas und genießen das ein oder andere Tusker, dabei plaudern wir über die Lebensbedingungen in Kenia und die Sorgen eines kenianischen Geschäftsmannes. Korruption und zahlungsunwillige Kunden sind da noch die kleineren Übel. Wieder zu Hause bei Chetan angekommen bereitet uns seine Frau noch einen kleinen Abend-Imbiss, Gemüsetoast mit Cream, und so endet dann ein ereignisreicher Tag mit vielen neuen Eindrücken und netten Begegnungen.
13.11.2017
Nach einem überaus leckeren und üppigen indischen Frühstück mit Chetan und seiner Familie treffe ich mich wieder mit dem Rest der Gruppe. Heute ist ein wichtiger Tag, denn es beginnen endlich die Bauarbeiten für das neue Dusch- und Toilettenhaus. Während immer mal wieder verschiedene Baumaterialien angeliefert werden, beginnen John und seine Männer mit den Vorarbeiten für die Bodenplatte. Aus statischen Gründen muss über der Grube ein entsprechendes Eisengeflecht eingearbeitet werden. Parallel dazu wird weiter am Abwasser- und Frischwassersystem des Hauptgebäudes gearbeitet. Auch an der Solaranlage ist eine Reparatur erforderlich. Wir sind alle gut beschäftigt. Barbara versorgt die Kinder weiter nach und nach mit „neuer“ Kleidung, Erika und Marga üben mit ihnen ein kleines Theaterstück ein, Sybilla und Bernardine sind in organisatorischen Dingen unterwegs.
Nachmittags helfen Brian und Hottence kräftig mit, die Zwischendecke in der neuen Küche zu demontieren. Eine Maßnahme, die den unzureichenden Rauchabzug verbessern soll.
Außerdem unternehmen die Frauen noch eine Besorgungsfahrt in die Stadt, bei der sie, sehr zu deren Freude, auch einige Kinder begleiten dürfen.
Abends sind wir bei Caroline, die uns immer mal wieder mit Fahrdiensten unterstützt, zum Essen eingeladen. Einigen von uns bietet sich dabei sogar die Gelegenheit, mal mit einem übergroßen Kochlöffel ein wenig bei der Ugali-Zubereitung mitzuhelfen.
14.11.2017
Unser Team teilt sich am heutigen Vormittag etwas auf. Bernardine und Sybilla starten schon sehr früh Richtung Town Center, um verschiedene Einkäufe und Organisatorisches zu erledigen. Marga und Erika haben heute zunächst „frei“ und unternehmen einen kleinen Ausflug in den nahegelegenen Kakamega Forest. Franz, Lothar und ich sind wie in den Tagen zuvor mit der Verlegung von Leitungen und Rohren beschäftigt und unterstützen John und seine Männer bei den gut voranschreitenden Bauarbeiten. Am Nachmittag statten Bernardine und Barbara der von unserem Verein unterstützten Frauengruppe etwas außerhalb von Kakamega einen Besuch ab. Hier leben ca. 15 Frauen zum Teil mit Kindern, deren Schicksale sich sehr ähneln, in einer gut harmonierenden Gemeinschaft zusammen. Mit ein wenig Unterstützung sorgen sie durch verschiedene handwerkliche Tätigkeiten und eine kleine Tierhaltung weitestgehend selbstständig für ihren Lebensunterhalt und meistern ihr nicht einfaches Leben am Rande der Gesellschaft.
Den heutigen Abend lassen wir gemütlich in unserem Convent ausklingen.
15.11.2017
Heute ist für viele Kinder ein mit Spannung erwarteter Tag, denn alle bekommen nun endlich ihre zusätzlich mitgebrachten Patengeschenke überreicht. Nach dem obligatorischen Erinnerungsfoto laufen die meisten Kinder gleich ganz eilig in ihr Zimmer oder zu einem ruhigen Plätzchen auf dem Gelände des Waisenhauses, um die Geschenke auszupacken und genau zu inspizieren.
Währenddessen gehen sämtliche Bauarbeiten zügig weiter. Lothar und Franz kommen gut mit der Zuleitung und den Verteilerleitungen für das Frischwasser der einzelnen Gebäude voran. Man muss den beiden an dieser Stelle einfach mal ein großes Kompliment aussprechen, wie sie immer wieder aus teilweise qualitativ nicht hochwertigem Material und mit einfachen Werkzeugen einwandfrei funktionierende Leitungssysteme „zaubern“.
Ich halte im Lauf des Vormittags „meine erste Unterrichtsstunde“ im Bildungshaus über die Grundlagen der Elektrotechnik. Ergänzend zur Theorie arbeiten die Schüler mit vom TÜV Darmstadt gespendeten kleinen Bausätzen. So lernen sie mit verschiedenen Bauteilen eigene einfache Stromkreise aufzubauen. Die Kinder sind von der blau leuchtenden LED auf ihrem Board sehr begeistert.
Erika legt heute mal eine Pause ein und ist im Convent bei den Schwestern geblieben. Ihr unermüdlicher Einsatz während des Tagesprogramms für die Kinder hat sie doch einiges an Kraft gekostet.
Marga, Barbara, Sybilla und Bernardine kümmern sich den ganzen Tag über um die Kinder. Am Abend sind wir dann bei Rose zum Essen eingeladen. Sie war schon zu Besuch in Deutschland und ist die Mama von Sarah, einer Freundin Bernardines, die seit langem mit ihrer Familie in der Nähe von Würzburg lebt und uns in Deutschland immer mal wieder bei verschiedenen Veranstaltungen unterstützt.
16.11.2017
Der örtliche Viehmarkt etwas außerhalb von Kakamega ist unser erstes Ziel am heutigen Tag. Samson, unser Experte für den Kauf von Tieren vor Ort, begleitet uns dabei. Der Markt ist ein einziges Gewusel aus Mensch und Tier und schon ein ganz spezielles Erlebnis für uns alle. Auf einem großen Areal stehend hunderte von Rindern und natürlich deren Besitzer dicht gedrängt beieinander. Man muss schon aufpassen, denn ständig kreuzen irgendwelche Kühe oder Kälber unseren Weg. Bernardine und Samson übernehmen die Kaufverhandlungen mit den Viehhändlern und werden auch recht bald mit einem von ihnen handelseinig, sodass sie den Zuschlag für unsere neue Kuh „Ingo“ erhalten. Am späten Nachmittag erreicht „Ingo“ dann per Pick-Up-Transport sein neues Zuhause und fühlt sich gleich sichtlich wohl. Der Tag am Waisenhaus ist, wie sollte es anders sein, sehr arbeitsreich, es geht gut voran an allen kleinen und großen Baustellen. Am Bildungshaus findet die tägliche E-Technik-Lesson statt und das Spiel- und Freizeitprogramm der Kinder ist spannend und abwechslungsreich.
Eine kleine Begebenheit bei einem kurzen Abstecher in die Stadt zum Schuh- und Rucksackkauf möchte ich gern an dieser Stelle noch erwähnen. Die drei „großen Jungs“ Hottence, sein Bruder Orestus und Brian begleiten uns zwecks Anprobe. Nachdem alle Einkäufe erledigt sind, gehe ich noch schnell zum „indischen Baumarkt“ und Sybilla wartet mit den Buben vor dem Schuhgeschäft. Da wir über die Mittagszeit unterwegs sind, haben die drei natürlich irgendwann auch Hunger und fragen, ob sie sich nicht einen Apfel kaufen dürfen. Gesagt, getan, Hottence erkundigt sich an einem kleinen mobilen Obststand direkt neben dem Schuhladen nach dem Preis, Sybilla gibt ihm etwas Geld und schon ist für einen kleinen Imbiss gesorgt. Bevor Hottence aber die erstandenen Äpfel an die anderen Jungs weiterreicht, bemerkt er neben sich einen Straßenjungen, der sicher auch längere Zeit nichts gegessen hat. Ohne Zögern geht er zurück und kauft vom Wechselgeld einen weiteren Apfel für diesen Jungen. Dieser dankt es ihm mit einem kurzen Lächeln und geht weiter seiner Wege. Soviel zu dieser kleinen bemerkenswerten Geschichte um eine, wie ich finde, feine menschliche Geste von Hottence.
Ein Highlight ist das heutige Abendprogramm. Wir sind wieder bei Bishop Philip Sulumeti zu Gast, der im August seinen 80-sten Geburtstag feiern konnte. Der Bishop erzählt sehr unterhaltsam von seinen vielen Erlebnissen in Deutschland. Er hat einige Zeit in Seckmauern, gar nicht weit weg von Aschaffenburg, verbracht. Aus seinem Buch liest er uns einige Zeilen vor, in denen er sich Gedanken um die gesellschaftliche und politische Situation in Kenia macht. Im Verlauf des Abends singen wir dann noch das ein oder andere deutsche Lied gemeinsam mit dem Bishop und natürlich darf auch das obligatorische Geburtstagsständchen nicht fehlen. Bei einigen Gläsern Tusker und auch Rotwein verbringen wir eine sehr unterhaltsame und gesellige Zeit miteinander.
17.11.2017
Der heutige Tag ist schon ein klein wenig von Abschiedsstimmung geprägt, zumindest was Lothar, Franz, Barbara, Marga, Erika und mich angeht. Einige der Kinder verfassen kurze, aber auch sehr persönliche Briefchen, in denen sie sich für die gemeinsam verbrachte Zeit mit uns und die geleistete Arbeit bedanken. Diese stecken sie uns immer mal wieder während des Tages zu.
Lothar und Franz haben die Arbeiten zur Erneuerung der Wasserver- und entsorgung größtenteils abgeschlossen, den Anschluss des Neubaus können dann John und sein Team noch problemlos zu Ende bringen. Sämtliche Mauern des neuen Gebäudes stehen, so dass in Kürze mit dem Dachstuhl und dem Anbringen der Dachbleche begonnen werden kann. Alle neu angeschafften Matratzen und Moskitonetze sind von Sybilla und Diana verteilt bzw. mit Hilfe von Frankline befestigt worden. Auch die verbleibenden Kleiderspenden finden schließlich noch Abnehmer und Barbara ist froh, endlich den letzten Koffer leergeräumt zu haben. Im Bildungshaus findet für die „angehenden Elektriker“ des Waisenhauses noch eine wichtige Unterrichtseinheit mit dem Thema „Sicherheit im Umgang mit Elektrizität“ statt. Dabei werden noch einige Poster an der Wand des Unterrichtsraumes befestigt zu all den Themen, die wir in der zurückliegenden Woche behandelt haben, „Nachschlagewerke“ sozusagen.
Marga und Erika machen am heutigen Tag einen Abstecher an den Viktoriasee und schildern uns später ihre vielen spannenden Erlebnisse am See, berichten aber auch von ihrer abenteuerlichen Rückfahrt direkt durch das an diesem Tag von politischen Unruhen geprägte Kisumu. Ihre Schilderungen über brennende Reifen und aufgewühlte Menschenmassen an Straßensperren kennen wir sonst nur aus der Tagesschau.
Den Abend verbringen wir heute zusammen mit den Sisters der St. Josephs Girls School, die uns mit einem leckeren Essen verwöhnen und uns in interessanten Gesprächen ihre Einschätzung der momentanen politischen und gesellschaftlichen Situation in Kenia erläutern. Auch die verschiedenen Projekte von Quiet Way liefern sehr unterhaltsamen Gesprächsstoff für einen kurzweiligen Abend. Sybilla war übrigens nicht mit dabei, sie war mit „ihren drei Großen Jungs“ Erick, Goddy, Frankline und dessen Frau Vivian in Kakamega gemütlich zum Essen aus.
18.11.2017
Heute ist für Barbara, Marga, Erika, Franz, Lothar und mich der vorerst letzte Tag im Waisenhaus. Es müssen noch verschiedene Kleinigkeiten erledigt bzw. organisiert werden. Eine Dusche im Haupthaus wird abschließend funktionstüchtig gemacht und die erstellten Pläne der neuen Wasserversorgung werden erläutert. Hier sind nun Diana und Brian nach einer ausführlichen Einweisung für deren Bedienung zuständig. Selbstverständlich gilt es auch zum Schluss ein wenig aufzuräumen und die Werkzeuge ordentlich aufzubewahren. Der von uns oft als Werkstatt benutzte Vorraum im Haupthaus, in dem Barbara zusammen mit den älteren Mädchen einen Weihnachtsbaum aufgestellt und festlich geschmückt hat, erlangt nun endlich wieder seine ursprüngliche Bestimmung als Aufenthalts- und Unterrichtsraum. Zum Mittagessen bereiten uns die Kinder und Frauen nochmals ein tolles Essen mit Tschapati und Teigwaren als Beilage. Am frühen Nachmittag müssen wir dann leider auch schon Abschied von den Kindern und all den anderen nehmen. Wir bekommen auch dieses Jahr wieder unser ganz spezielles Abschiedslied gesungen, in dem jeder von uns nochmals persönlich Erwähnung findet. Hierbei lässt sich die eine oder andere Träne einfach nicht vermeiden. Wer mag, darf noch ein paar eigene Worte an die Kinder richten, die sich anschließend mit herzlichen Umarmungen für die gemeinsam verbrachte Zeit und die geleistete Arbeit bedanken. Als wir schließlich vom Hof des Waisenhauses fahren und nochmals kurz zurückschauen, sehen wir unzählige winkende kleine und große Kinderhände. Was wir mit auf unsere Rückreise nehmen, ist die Erinnerung an viele schöne Momente, in denen uns die Kinder immer wieder mit ihrer Warmherzigkeit und Lebensfreude angesteckt haben.
Die Arbeiten am Waisenhaus gehen natürlich auch ohne uns weiter und wir freuen uns schon auf die Bilder, die uns dann zeigen werden, wie das Dach unseres Neubaus entsteht, Verputzer- und Installationsarbeiten erledigt werden und wie der Ofen in der neuen Küche nach seiner Komplettsanierung aussieht.
Abends im Convent müssen wir dann unsere Koffer packen und eingekaufte Gegenstände, die für den Verkauf in Deutschland vorgesehen sind, gleichmäßig auf unser Gepäck verteilen. Das obligatorische Abschiedsfest mit unseren Gastgeberinnen den Sisters of Mary und einigen unserer fleißigen Helfer und Unterstützer darf natürlich auch nicht fehlen. So verbringen wir einen überaus stimmungsvollen Abend mit sehr guten, lieb gewonnenen Freunden, die uns ebenfalls nochmals ganz herzlich und mit kleinen Geschenken verabschieden, nicht ohne uns darauf hinzuweisen, doch bitte im nächsten Jahr wieder zu kommen.
19.11.2017
Bevor wir heute endgültig Kakamega verlassen, verbringen wir, da der Flieger nach Nairobi erst am frühen Abend startet, noch einen entspannten und gemütlichen Vormittag.
Lothar und Franz haben sich schon früher per Matatu auf den Weg in die Hauptstadt gemacht, denn sie möchten ihren Aufenthalt in Afrika verlängern und von dort aus nach Arusha in Tansania weiterreisen.
Wir machen einen kleinen Stadtrundgang und besuchen das Geschäft von Chetan, der uns alles zeigt und etwas von seiner Arbeit erzählt. Pünktlich um 12 Uhr sind wir wieder zurück im Convent und werden zwecks Stärkung für unsere anstrengende Rückreise mit Kulinarischem aus der kenianischen Küche verwöhnt, zubereitet von Bernardine und dem Küchenteam um Millicent. Gegen 14 Uhr begeben wir uns dann auf die erste Etappe unserer Heimfahrt, nicht ohne uns zuvor von der ältesten Schwester Schoscho gebührend zu verabschieden. Schwester Genevieve, Bernardine, Sybilla, Enock und Michael, ebenfalls ein Filmemacher und Freund von Enock, begleiten uns auf der Fahrt nach Kisumu um sicher zu gehen, dass wir wohlbehalten dort ankommen. Kisumu ist derzeit, wie berichtet, ein recht unruhiges Pflaster. Der Flughafen liegt etwas außerhalb der Stadt und wir müssen auf dem Weg dorthin eine Straßensperre umfahren. Schwester Genevieve und Enock sprechen kurz vom Auto aus mit den Männern, die versuchen, den stockenden Verkehr zu regeln und diese erklären unserem Fahrer dann den kürzesten und sichersten Weg zum Flughafen. Am Flughafen angekommen sehen wir dann von weitem schwarze Rauchschwaden über der Innenstadt, die wohl von brennenden Autoreifen an weiteren Straßensperren herrühren. Da bis zum Abflug etwas Zeit verbleibt, sitzen wir mit unseren Freunden noch kurz im Außenbereich des Airports beisammen und genießen ein kühles Getränk, bevor wir uns schließlich in die Abflughalle begeben und mit etwas Verspätung Richtung Nairobi abheben. Dort treten wir dann nach einer weiteren Wartezeit von etwa zwei Stunden den Rest unserer Heimreise nach Deutschland an. Schließlich erreichen wir am nächsten Morgen gegen 5:30 Uhr wieder heimatliche Gefilde.
Sybilla und Bernardine schauen sich an den Tagen nach unserer Abreise noch verschiedene Grundstücke an, die in der Nähe des Waisenhauses bzw. Bildungshauses liegen und zum Verkauf stehen. All die Tiere, die mittlerweile zum Waisenhaus gehören und zum Teil derzeit noch bei dem Verein nahestehenden Freunden und Helfern untergebracht sind, sollen zukünftig gemeinsam auf einer eigenen Weide leben. Die beiden werden tatsächlich unweit des Bildungshauses fündig und kurz nach ihrer Rückkehr wird von Deutschland aus mit Unterstützung von einigen Freunden vor Ort in Kakamega der Kauf abgewickelt. Ein weiterer kleiner „Meilenstein“ für die Projektarbeit von Quiet Way ist dadurch gesetzt.
An dieser Stelle noch einen ganz herzlichen Dank an alle diesjährigen Kakamega-Reisenden. Wir haben Einiges bewirkt und verbessert sowie mit den Kindern viele unbeschwerte Momente verbracht. Unsere Arbeit war stets der Mühe wert!
Armin
Mömbris-Königshofen, im November 2017